Oberlingal
- Details
- Kategorie: Lernspiele
Spielrezension
Oberlingal
Copyright der Rezension 2015 by Martin Wagner
Spieldauer: 30-60 Minuten
Spieleranzahl: 2-5 Spieler
Alter: ab 8 Jahre
Sprache: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch und Oberlingal
Publikationsjahr: 2014
Projektleitung: Jean-Claude Oberling
Produktentwicklung und Layout Verpackung: Jean-Claude Oberling
Layout Anleitung: Jean-Claude Oberling
Kurzbeschreibung
Dieses Spiel ist ein praktischer Ansatz für das Lernen der Sprache OBERLINGAL. Diese Hilfssprache besteht aus etwa 3000 Wörtern und steht auf der Website www.oberlingal.info kostenlos in Französisch, Englisch und Deutsch auch zum runterladen zur Verfügung.
Inhalt:
- Spielregel in Deutsch, English, Französisch, Italienisch and Spanisch
- 1 Board game + 1 dice with four sides
- 1 Spielplatte + ein vierseitiger Würfel.
- 5 farbige Steine und fünf farbige Holzklötze.
- 330 Karten, von denen
- 100 VERY FACIL KESTION + eine Pappschachtel als Behälter,
- 100 KESTION AKTUEL/HISTORY EUROPA Karten + eine Pappschachtel als Behälter,
- 104 Wortkarten (37 VERB, 37 NAM und 30 ADJ)
- 26 Bonuskarten
Spielanleitung beim Hersteller
Meine Meinung:
Als Lehrer einer Fremdsprache freut man sich immer, wenn man auf Spielemessen oder im Laden seines Vertrauens Sprachenlernspiele findet. Dass diese Freude nicht häufig vorkommt, dürfte niemanden verwundern, denn andere Spiele sind deutlich beliebter und werden dementsprechend häufiger verwirklicht.
Es ist deshalb auch kein Wunder, dass der Deutsch- und Französischlehrer Jean-Claude Oberling aus dem schönen Elsass sein Sprachenlernspiel „Oberlingal“, das es sich zur Aufgabe gemacht hat seine europäische Hilfssprache spielerisch einzuführen, mit 500 Exemplaren im Eigenverlag und in Eigenfinanzierung veröffentlicht hat. Die Idee, die Hilfssprache mittels eines Spiels einzuführen, ist eine gute Idee, insbesondere, nachdem sein Buch zur Hilfssprache nur wenige Interessenten gefunden hat und nur Theorie eine Sprache auch kaum ins Leben ruft.
Der erste Blick auf die Box verspricht ein circa einstündiges vielsprachiges Spiel für zwei bis fünf Spieler ab acht Jahren. Der Blick in die Box bringt die jeweils vierseitige Anleitung in fünf Sprachen, ein achtseitiges Wortschatzheft mit Vokabeln in allen sechs Sprachen, inklusive Oberlingal, und jeweils ein doppelseitiges Grundkenntnisse- und Vokabelblatt in den fünf Hauptsprachen zum Vorschein. Die Anleitung ist eindeutig und man merkt, dass die Mitwirkenden wirklich Fachleute für Sprachen sind. Ein paar kleine Fehler finden sich auf dem Wortschatzblatt und dem Vokabular- und Grundkenntnisseblatt. Hier, und auch auf den noch zu erwähnenden Wortkarten, hätte ein besseres oder zumindest intensiveres Lektorat sicher geholfen, ich sage nur „einzigste“.
Unter den Anleitungen finden wir die Spielplatte, mit einer Karte Europas und den hervorgehobenen Hauptstädten. Einige Städte sind mit Sternen versehen, die meisten aber sind nur als Felder zu erkennen. Ziel ist Athen, hat ein Spieler das Feld erreicht, endet das Spiel. Am linken Rand und am oberen Rand des Spielfelds finden wir eine Punkteleiste von 1 bis 60 - 30 Punkte sind zu erreichen, damit das Spiel sofort endet. Am rechten Rand finden wir Felder für die drei Wortkarten, sortiert nach Nomen (NAM), Verben (VERB) und Adjektive (ADJ). Am unteren Rand finden wir fünf Ablagen für die Bonuskarten (Präpositionen, Adverbien, Konjunktionen und Zeitwörter). Unter der Spielplatte finden wir schließlich die Wortkarten, die Bonuskarten, Fragekarten (leichte, schwerere, aktuelle und historische Fragen) inklusive Pappschachtel, fünf farbige Spielfiguren und dazugehörige , einen vierseitigen Würfel und einige Gummibänder, um die Karten zusammenzuhalten. Alles in allem eine gute Ausstattung.
Das Spiel selbst ist einfach zu spielen und doch effektiv für das Lernen der Sprache Oberlingal. Alle Spieler beginnen auf dem Startfeld im Mittelmeer südlich von Italien. Ein Wurf mit einem vierseitigen Würfel gibt die Anzahl der zu gehenden Felder vor. Überquert man ein Sternfeld oder bleibt man darauf stehen, kann man sich eine Bonuskarte aussuchen. Am Zielort hat man dann noch die Möglichkeit sich eine Frage stellen zu lassen und Punkte zu erhalten, zwischen 2 und 5, 2 für eine einfache Frage, 5 für eine historische Frage. Klingt einfach, ist es aber gar nicht, denn die Fragen sind auf Oberlingal gestellt und da muss man gerade in den ersten Spielen oftmals überlegen, was genau jetzt die Frage bedeutet. Besonders auf die Signalwörter, also Namen und Jahreszahlen, die nicht immer eindeutig zuzuordnen sind, und auf die Zeitwörter muss man achten. Ich finde dieses Element richtig gut und ich liebe die Fragekarten deswegen und meistens enden die Spiele wegen der Punkte und nicht wegen des Erreichens von Athen. Entscheidet man sich gegen eine Frage, was man durchaus öfter tun sollte, kann man versuchen eine der Wortschatzkarten zu erhalten. Dazu muss man ein Nomen, ein Verb oder ein Adjektiv in den fünf Sprachen des Spiels vorlesen und dann entscheiden beziehungsweise raten, wie das Oberlingalwort für eben dieses Wort lautet. Dazu sollte man sich vorher das Blatt mit den Grundkenntnissen durchlesen, dort erhält man zum Beispiel den wichtigen Hinweis, dass Selbstlautkombinationen verschwinden. Ansonsten gilt, dass meistens das Wort gewählt wurde, das von den meisten Europäern verstanden wird. Das sagt natürlich noch nichts über die Schreibweise aus. Hat man es tatsächlich geschafft Schreibweise und Wort richtig zu benennen, erhält man die Karte.
Das Spiel endet, wie bereits geschrieben, sobald der erste Spieler 30 Punkte durch Fragen oder ein Spieler durch Würfeln Athen erreicht hat. Die letzten Punkte werden aber danach verteilt und nun erklärt sich auch, wieso nur das richtige Beantworten von Fragen den Sieg nicht bringt. Jetzt muss man mit seinen Wörtern, den Bonuskarten und den Wortschatzkarten einen sinnvollen Satz, also mindestens mit Subjekt, Verb und Objekt bilden. Je länger der Satz, also je mehr Wörter man sinnvoll unterbringen kann, desto mehr Punkte erhält man, so bringt ein Satz mit fünf Wörtern neben den Punkten für die einzelnen Wörter, zwischen zwei und fünf, noch einen Bonus von zwei Punkten. Ein Satz mit acht Wörtern einen Bonus von acht Punkten. Wer also nur Fragen beantwortet und keinen Satz in Oberlingal bildet, der kann nicht gewinnen und lernt natürlich auch kaum etwas.
Sprache lesen, Wörter erkennen beziehungsweise übersetzen, Sätze bilden und dabei Spaß haben, das gelingt „Oberlingal“ ausgezeichnet. Dabei sollte aber jedem Spieler klar sein, dass es mehr als ein paar Spiele braucht, bis man ein Gefühl für die Sprache hat und noch viel mehr Spiele, bis man die Sprache wohl tatsächlich beherrscht. Die Frage nach dem Nutzen muss man sich natürlich stellen. Denn wer kennt Oberlingal überhaupt und wer versteht einen ohne das Wissen um die Sprache überhaupt? Hier zeigt sich eine der Schwächen des Spiels, denn die Hilfssprache wird zwar toll an den Europäer gebracht, allerdings in einem sehr geringen Rahmen mit 500 Exemplaren und wahrscheinlich auch mit kaum mehr Interessenten an einer Hilfssprache, weil die meistens ich doch sowieso Englisch bedienen. Die zweite Schwäche ist das wenig gelungene Lektorat und Layoutkorrektorat, welches mir in den deutschen Regeln und den deutschen Blättern am deutlichsten aufgefallen ist. Hier sind Wörter falsch geschrieben und aus der Umgangssprache entlehnt worden, auf den Wortschatzkarten werden Hervorhebungen unterschiedlich vorgenommen oder dann auch einmal wieder gar nicht vorgenommen, obwohl diese Hervorhebung andernorts vorgenommen worden war. Lauter Kleinigkeiten, die dem Spiel nichts vom Spaß nehmen, aber den Sprachlehrer in mir doch sehr ärgern, führt dies doch dazu, dass sich Sprachenlerner falsch geschriebene Wörter vielleicht merken. Hier hätte mehr Lektoratsarbeit, also eine Einbindung einer unabhängigen Person, sicher geholfen.
Fazit:
„Oberlingal“ von Jean-Claude Oberling ist eine tolle Idee eine Hilfssprache für Europa ins Leben zu rufen und bekannt zu machen. Das Spiel macht Spaß und man lernt die Sprache genau deswegen sehr leicht. Leider bleiben zwei große Mankos, zum einen die Frage nach dem Nutzen eine Sprache zu lernen, die niemand spricht, und zum anderen die vielen Fehler im Spiel, die gerade Sprachenkenner den Kopf schütteln lassen werden. Das darf einfach nicht passieren. Zum Glück machen beide Mankos den Spielspaß nicht kaputt.